Tamashii no Utsuri
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Tamashii no Utsuri

Ein RPG in der Welt der Shinobi
 
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BeitragThema: [3. Kurzgeschichte] Treibholz   [3. Kurzgeschichte] Treibholz Icon_minitimeMi Dez 16, 2015 1:57 pm

Man kann auf dem richtigen Weg sein,
doch nicht der richtige Mensch für diesen Weg.

Aus Japan

Die Gaststätte erzog zur Selbstständigkeit. Es gab nur den einen großen, kreisrunden Gemeinschaftsraum, in deren Mitte eine Feuergrube lag. Kohlen glühten in ihrem Bett vor sich hin, und wer wollte, konnte sich etwas braten. Andere Bewirtung gab es nicht; dafür konnte man sich das Fleisch in Streifen an der Verkaufstheke besorgen, wo man auch Bettzeug borgen konnte. Wenn man wollte. Man musste nicht. Wer sparsam leben wollte, durfte auch auf dem nackten Holzboden schlafen.
Draußen rollten Wellen gegen Klippen. Ein silbriger Mond ging auf. Und noch einer. Viel Licht zum Lesen. Es war schön, mal wieder etwas in der Muttersprache vor sich zu haben. Wäre es doch nur nicht so verwirrend.
Nichtssagende Namen feudaler Herrschaften. Unbekannte Namen von Reichen, nein, „Provinzen“. Sie hatte die Seiten einer alten Zeitung vor sich auf dem Boden ausgebreitet und brütete über ihnen wie über einer verschlüsselten Botschaft. Aufruf zur Rituellen Blutspende, Feiertag zu Ehren des Shogun, 35-jähriger Mann verhaftet, nachdem er ohne Lizenz einen Feuerball auf einen See – was?
Ihr Blick mäanderte zwischen den Seiten, zwischen den Textblöcken, zwischen den Zeilen, den Buchstaben. Alles ein Nebel.
Der Herbergsvater klatschte in die Hände. „Feierabend“, sprach er ausgelassen, „Letzte Wünsche, offene Rechnungen, Geldspenden?“
Sie löste sich aus ihrem Tun wie aus kaltem Schleim. „Hier.“ Sie trat an die Theke und klimperte in ihrem Geldbeutel herum. „Zweimal Bettzeug, zweimal Fleisch. Ich zahle sofort.“
„Was auch sonst“, entgegnete der Herbergsvater gut gelaunt. Er nannte einen Preis, der ihr überraschend niedrig erschien. Bis sie begriff, dass er eine andere Währung meinte. Da hatte sie bereits eine Handvoll Münzen auf der Theke abgelegt.
Der Herbergsvater legte die Stirn in Falten. „Huh. Nach Jaaahren mal wieder die Matratze umgedreht und noch Gespartes gefunden? Na.“ Er hielt kurz inne, winkte dann jedoch ab. „Wo sie mich schon so erschrocken, ansehen, will ich mal nicht so sein. Irgendwo werde ich sie schon loswerden.“ Er klaubte im Münzhäuflein, machte zwei Teile daraus und strich den Größeren in seine Hand.
„Danke.“ Peinlich berührt sammelte sie ihre Münzen wieder ein, nahm das Geliehene und Gekaufte und stapfte zurück. „Neues Geld haben sie auch.“
„Ah? Na denn.“ Der alte Mann saß vor der Feuergrube. Rauch schleierte aus der Pfeife, die er sich von ihr geliehen hatte. Er sah nun fast aus wie sie; sein wahres Selbst war irgendwo draußen in den Wäldern. Seit er nicht mehr als Stimme in ihrem Kopf lebte, brauchte es diese Maßnahme, um zusammen die Zivilisation zu besuchen.
Seufzend ließ sie das Bettzeug fallen und setzte sich daneben. „Da fühlt man sich wie durch einen Zeitriss geworfen.“
„Hmhm.“ Sie warfen das Fleisch auf den Rost, sahen ihm beim gemächlichen Garen zu. Die Pfeife wanderte von einem zur anderen. Und zurück.  „Wie jetzt weiter?“
Sie schmeckte Pappe auf der Zunge. Sagte nichts.
„Ich habe es ja schon im Osten gesagt. Werde richtungslos, und ich gehe heim.“ Es war kein Eisen in der Stimme. „Vielleicht ist wenigstens bei meinem Volk noch alles beim Alten.“ Er wandte den Blick von dem Feuer ab und ihr zu. Ein Funke der Glut schien sich in seinen Augen verfangen zu haben. „Komm mit, wenn du willst.“
„Unter Tieren leben?“ Keine Vorwürfe oder Spötteleien bei ihm, dafür bei ihr.
„So wie ich unter Menschen“, entgegnete er geduldig. „Denk darüber nach.“
Rauch quellte zu ihren Füßen.
„Werde ich.“ Sie stand auf. „Bei einem Nachtspaziergang.“

Die Wellen schwappten eine Linie in den Sand, der sie nachging. Mit einem Fuß auf dem Trockenen, mit dem anderen das Salzwasser spürend. Sie setzte schleppende Schritte, fischte Muscheln mit den Zehen und trat sie ohne großes Zielen irgendwohin.
Das hatte sie sich anders vorgestellt. Die Begegnung mit der Untoten hatte sie deprimiert. Sie hatte sich keine Anweisungen erhofft, aber immerhin Einsichten, die durch eine jahrelang geölte Informations-Maschinerie gefiltert worden waren wie Goldklümpchen aus einem Gebirgsbach. Doch die Untote hatte es selbst gesagt: Ihre Worte konnten wertlos sein. Sie mochte ihr kein Gold schenken, sondern bloß Quarz in die Hand drücken. Sie stand vor einem Bach, der gurgelnd über sie lachte.
Sand vibrierte sanft unter ihren Sohlen.
„Halt, stopp. Im Namen des Kaisers.“
Ach. Den hatten sie nun ja auch.
Sie drehte sich um. Hatte den Mann gar nicht bemerkt. „Was will der Kaiser?“ Sie musterte ihn, und ihr Blick blieb an dem weißen Stirnband mit dem Metalleinsatz hängen. Ein vertrautes Zeichen hatte man dort hinein gestanzt, das Herz unter dem Messer.
Der Offizielle trat noch ein wenig näher. Lautlos, mühelos. Als schreite er über Marmor, nicht über einen Strand. Hob etwas in die Höhe, das für sie keinen Wert besaß, angeschaut zu werden.
„Ich würde gern ihre Lizenz überprüfen.“
„Lizenz“, dehnte sie das Wort, „für was?“ Im Grunde war es egal, für was.
„Ihre Berechtigung zum Einsatz von Ninjutsu“, entgegnete der Offizielle bedächtig. Er sprach langsam und amtsgewichtig. „Bitte.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Was für ein Scheiß.“
„Das überhöre ich geflissentlich.“ Er lächelte nun sogar verständnisvoll. „Ich nehme an, Sie haben keine Lizenz?“
Sie erwog kurz, sich für eine gewöhnliche Zivilistin auszugeben, verwarf diesen Gedanken jedoch. Dieser Kerl würde nicht so zielgerichtet vorgehen, wenn er nicht irgendetwas in der Hand hätte. Kunststück, sie hatte mit den kleinen Spielereien auch kaum hinterm Berg gehalten.
„Ich war lang abgängig. Und habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen.“
Die Information des Abgängigsein war ihm wohl nicht fremd, denn er nahm ihr diese Erklärung sofort ab. Ihr schwante, dass es nicht gut gewesen war, mit dem alten Geld bezahlt zu haben.
„Begleiten Sie mich bitte in die nächste Stadt; dort können wir alles in Ruhe regeln.“
Kratzen im Rückgrat. Ein Hauch von Aufregung. „Was, wenn nicht?“
„Widerstand gegen einen Doshin? Nicht ratsam.“ Er zeigte leere Handflächen, die er in einladender Geste ausbreitete. „Wozu. Es geht nur um Formalitäten. Begleiten Sie mich, und wir kümmern uns um eine Lizenz, wenn Sie denn eine Solche wünschen.“
Der Zeitungsbericht fiel ihr wieder ein. Sie lächelte freudlos. „Bekomme ich diese Lizenz dann einfach so?“
„Nun, gewisse Regelungen müssen natürlich eingehalten werden“, erwiderte der Offizielle. „Doch darüber können wir viel bequemer anderswo reden.“
Ihr war, als spüre sie eine Strömung. Es war windstill, und doch glaubte sie, die Bewegung wahrzunehmen, die sie in eine Richtung drücken wollte. Sie stand im Bach, der zum Fluss geworden war. Zu tief wurde, um darin zu stehen. Sie war hier, sie war drin, und die Welt, die sie einst verließ, nahm sie wahr und wollte sie lenken. Denn niemand stand in der völligen Leere; Drücken und Ziehen war überall. Man war nie richtungslos, bloß orientierungslos. Wo war was, das war die Frage, nicht wohin. Wer darauf eine Antwort wollte, konnte sich treiben lassen.
Oder gegenhalten.
Tot. Er ist tot. Manche Leute kamen in Stromschnellen um.
„Macht es kurz. Mir gefällt es hier gut genug.“
Neuerliche Geste, voller Geduld und Verständnis. „Nun. Das Privileg für Ninjutsu erfordert beispielsweise, sie im Dienste des Kaisers einzusetzen. Ihr würdet Euch in Eurer Heimat-Provinz beim zuständigen Bugyo melden und einen -“
„Ich habe keine Lust.“ Sie machte nun selbst eine Geste, mit dem Mittelfinger. „Was sieht der Kaiser für so einen Fall vor?“
Der Offizielle holte die einladend ausgebreiteten Hände zurück, verdeutlichte jedoch noch immer deren Leere. „Widerstand zieht Gefängnis nach sich.“
„Endlich sprichst du deutlich.“ Sie grinste wild, verlagerte das Gewicht um ein Weniges nach vorn. Als müsse sie wirklich gegen eine Strömung drücken. Sie glaubte sogar, das Flussbett unter ihren nackten Sohlen -
Springen. Etwas packte, verfehlte ihren Fuß! Finger aus Sand schnappten ins Leere. Sie riss die Augen auf, landete und setzte gleich wieder ab, schräg nach hinten Richtung Meer.
„Scheiße!“
„Es ist wirklich unnötig, sich derartig zu widersetzen.“ Der Offizielle hob die Schultern wie zur Entschuldigung. „Mit ordnenden Grenzen kommen auch Privilegien, das muss Euch klar sein.“
„Nein danke.“ Ihre Stimme ätzte. „Ich habe schon einen Herren!“ Sie nannte seinen Namen.
Der Offizielle schwieg einen Moment lang.
„Ihr seid herrenlos.“
Das Meer ringsum explodierte. Nicht weil er es wollte. Weil sie es wollte. Sie riss die Hand zurück, gleichzeitig die Finger einknickend und ausstreckend und zu Klauen verkrampfend. Wasser tobte himmelwärts, verknäulte viele kleine Ströme zu einem Ball, der vorwärts schoss, als sie die Hand nach vorn riss. Was in detailverliebteren Momenten einem Orca ähnelte, platzte als massiger Globb auf den Offiziellen nieder. Er erreichte ihn nie, denn der Strand hob eine Mauer empor, die sich wölbte. Das Wasser platzte daran in stiebender Wolke auseinander.
Sie knurrte, schloss Fingerzeichen und klopfte mit den Fingerspitzen gegen ihren Stumpf. Wasser flirrte in Schmetterlingsschwärmen herauf und verschmolz an ihrer Schulter zu einer länglichen Masse, die sich zu einem Ellbogen knickte, am Ende zu einer Handfläche verflachte und einem Handrücken wölbte, schlussendlich Finger abspreizte.
Es hatte Ewigkeiten gedauert, die gestohlenen Ninjutsu zurück zu erlangen, und die einhändige Variante war noch immer wie eine Sprache, in der sie allenfalls um Essen betteln konnte. Gern wäre sie effizienter. Doch selbst wenn es an ihren Reserven nagte wie eine ausgehungerte Ratte, sie brauchte in manchen Momenten einfach beide Hände.
„Ihr wisst überhaupt nicht, was Ihr da tut!“ Nun kam er wohl doch ein wenig ins Harte. Noch immer gefasst, doch nur noch halb so verständnisvoll. Seine Stimme kam aus der Wolke von Feuchtigkeit und empor geschleudertem Sand. „Euer Handeln ist gedankenlos. Bringt etwas Sinn in Euren Kopf und erkennt die Chance, die vor Euch liegt. Gerade jemand wie -“
Ihr Zusammenklatschen von echter und künstlicher Hand dröhnte wie ein Brecher, und ein Solcher toste von ihr weg auf ihn zu. Die Welle brach mit glitzernder Schaumkrone an einer Sandsteinklippe, die aus dem Boden dornte, höher zweigte, eine riesige Hand formte, die sich streckte, als wolle sie einen Mond vom Himmel pflücken.
„Unterbrecht mich nicht!“ Die Hand verharrte. Die Stimme des Offiziellen kam vom Boden her. „Ich spüre es deutlich! Auch Ihr habt einen Splitter der Neun in Euch! Ihr habt keine Ahnung, was Euch das bringen kann in dieser Welt!“
Ja, dachte sie. Ja, du Sensor-Sack. Seit es das Fluchmal in Scherben gelegt hat, kannst du es spüren. Musste ja so kommen. Zur Hölle mit Spürsinn. Sie hasste sie alle. Ballte eine Affenfaust, spreizte Daumen und Ringfinger ab, holte aus wie mit einer Schaufel, nach unten. „Erklärts wem anders!“
Die Hand senkte sich. Sie schleuderte die Hände hoch, öffnete sie und schnippte. Trieb sich drehende Keile auf peitschenden, flüssigen Stalagtiten in die Höhe, prellte Wasser in Sand, sprintete unter den zusammenkrachenden Elementen hindurch auf den Arm zu. Zog im Laufen weitere Speere aus dem Wasser, schickte sie vorwärts wie fliegende Schlangen. Fällte den Arm, zielte auf den Erschaffer.
Aufgespießt.
Aufgelöst.
Hände – keine Großen – fassten nach ihren Knöcheln. Sie drosch die Wasserspeere hinein wie Spaltkeile in Holz, zog dabei auch gleich Furchen und Rillen in den umliegenden Boden.
„Kommt raus!“ Sie hob die Hände, hob die Speere, klappte mit Zeige- und Mittelfinger, spaltete die Schäfte in tausend Teile und machte Nadeln daraus. „Ihr spürt es doch! Ich weiß, dass ihr es spürt!“
Sie jagte die Wassernadeln in den Strand. Überall drangen sie ein, in weitem Umkreis. Nur an einer Stelle klimperten sie ab, wo der Sand einen eisenharten Deckel bildete. Der Offizielle kam darunter hervor wie eine Falltürspinne.
Sie wartete auf Worte. Stattdessen kamen wieder Hände. Wie rasend schnell wachsendes Unterholz wucherten sie ihr entgegen. Nicht zur Faust geballt, sondern geöffnet. Zum Packen, Fangen, nichttödlichen Festhalten. Scheiß drauf. Sie machte wieder Speere aus den Wellen, gab ihnen scharfe Spitzen und hetzte sie vorwärts. Das Ergebnis wechselte nicht; wieder malmte sich Wasser seinen Weg. Der Unterschied lag in der Masse. Sie war zahlenmäßig unterlegen. Die sich nach ihr ausstreckende Sandbank winkte ihr förmlich zu, während sie rückwärts sprang, neues Wasser zog. Noch weniger Waffen daraus schmiedete, sie dafür fester und dichter fügte.
Aus dem Rückzug machte sie einen Vorstoß, prellte in die wimmelnde Masse. Ihre Finger bildeten selbst Spitzen, die sie auf und nieder stieß, nach vorn und zurück und rechts und links und in alle vier Schrägen. Sie bohrte sich durch die Sandbank wie durch einen Stollen, war kurz völlig im Dunkeln und platzte auf der anderen Seite hinaus!
Der Offizielle lächelte. Begrüßte sie ebenfalls mit schwebenden Waffen aus glänzendem Sandstein. Seine Wahl waren Schild und Lanze.
Sie fochten es aus wie Waffenkämpfer, kamen sich jedoch nie näher als drei oder vier Meter. Er blockte auf der Stelle, drehte sich mit ihr, ließ die Lanze in Stößen kommen. Sie erledigte die vielfache Fußarbeit, tänzelte um ihn herum, prellte die Lanze mit den Wasserspeeren beiseite und machte Schleifen und Bögen, um den Schild zu überwinden. Stein spaltete Wasser, Wasser schleifte Stein.
Für Momente lächelten sie beide. Nasser Sand wehte in Schleiern. Die sich plötzlich verdickten, verwindeten, verbanden. Widerstand boten. Sie merkte es, und das Lächeln wurde ihr aus dem Gesicht geschlagen. Ihr Ellbogen stieß gegen etwas Weiches, Nachgiebiges, aber Zähes. Schlecht. Ganz schlecht. Die Taktik kannte sie. Die Wolke wickelte sich auf wie Wolle, legte sich um sie und schlang sie ein.
„Es kommt schon alles in Ordnung“, sagte der Offizielle. Höflich. Geduldig.
Schleier wickelten sich um den künstlichen Arm und sogen das Wasser auf, sodass er wie skelettiert wirkte, ehe er völlig zerfiel.W anden sich um ihre Beine, pressten sie aneinander. Der Sand hielt sie sogar aufrecht, denn andernfalls wäre sie nun gestürzt. Es sponn sich ein Kokon um sie, und auf einen Wink hin legte dieser Kokon sich sanft am Boden ab. Ihr Kopf blieb frei, an der frischen Luft.
„Hört.“ Er ging leicht in die Hocke. „Euer ehemaliger Herr war früher für Ordnung, nicht wahr? Nun ist eben jemand anders die Ordnung. Aus dem Chaos der Splitterung wurde eine Neuverteilung, eine gerechtere Verteilung. Ihr – wie auch ich – seid einer von denen, die durch die Splitterung gesegnet wurden, und Ihr könntet groß sein in dieser Welt.“ Er ließ diese Worte einen Moment lang wirken. „Seht die Welt, die wir schufen und täglich schaffen. Die wahrhaft Mächtigen herrschen, die Machtlosen werden beschützt vor dem Chaos und der Grausamkeit der Unterlegenheit. Seht Sie euch an.“
Einen Moment lang herrschte Stille. Sie gab ein Schniefen von sich, nieste Sand aus der Nase und schaute auf. „Splitter... Gesegnet, heh?“
Er schaute überrascht. „Ich hoffte, es würde etwas ander-...“
Sie fauchte ihm ins Gesicht. „Gesegnet!“ Etwas kam vor. Schwoll aus ihr. Rote Blasen, roter Glibber, ölig durchsichtig und brennend wie Säure. „Früher nannte man es anders!“ Sie schnappte – und der Glibber bildete eine Schnauze, schnappte ebenfalls! Bekam die Hand zu fassen, zerrte daran wie ein tollwütiger Hund. Blut spritzte, als der Offizielle sich mit einem Schmerzensschrei losriss. Sein Blut zog Schlieren in dem Glibber, in ihrem Blut, und der Glibber wurde rot und röter. „Ja, ich sehe mir diese Welt an.“ Sie verschwand in diesem Rot, das sich aufblähte. Kraftvoll! Der Kokon aus Sand dehnte sich, knarrte protestierend wie Holz.
Der Offizielle riss die unverletzte Hand hoch, rief mehr Sand herbei und kittete die Lücken, die Risse, die Löcher, aus denen rote Kraft sickerte. „Halt!“
Knochen wuchsen, bleiche Spitzen. Knochenarme, Knochenbeine, Rückgrat und Schädel.
Der Sand hielt. „Stop!“
Der Schädel öffnete sich. „Im Namen des Kaaaiseeeers...“, zischte sie in einer Bastardisierung aus Kreischen und Lachen. Platzte aus dem Rot hervor, zwischen den Kiefern des Knochenkopfes hindurch. Frei von allem rotem Glibber, voller blutiger Schnitte, den Arm gehoben, Hand zurück gerissen, Ellbogen vorgestoßen. Sie traf ihn frontal, Ellbogen gegen Stirn. Ein einzelnes im Wege flirrendes Sandkörnchen. Ein Krachen brechender Knochen.

Sie stand minutenlang dort, bebend und zitternd, als herrsche Winterkälte. Bis sie sich wieder fasste. Und mit der Leichenfledderei anfing. Sie legte dem Toten ein Siegel auf die Brust, als der alte Mann des Weges kam. Er bedachte das kleine Schlachtfeld mit langem Blick.
„Die Sturmfluten kommen früh dies Jahr.“
„Ja.“ Sie legte die Hand auf das Siegel, griff hindurch. Durch die Uniform, Haut, Fleisch und Rippenbögen. Zog einen beigefarbenen Energieball hervor und betrachtete ihn sinnend. „Heißt, der Sommer wird kurz.“
„Ist das so.“ Er ging neben ihr in die Hocke. „Wer war das?“
„Ein Doshin“, murmelte sie, holte einen glasartigen Edelstein hervor. „Ein Ordnungshüter.“ Sie presste Energieball und Stein zusammen, und ein Schuss von Kraft floss in das Mineral. Sie verstaute den Stein und wiederholte den Vorgang mit leeren Kristallen, bis der Energieball vollends aufgesogen war.
„Ordnungshüter, so so. Und du wolltest nicht, was er wollte?“
„Wollte ich nicht.“
„Hm.“ Er zuckte mit den Schultern. „Sind wir nun also... Nu-“
„Ja.“ Sie nickte entschieden. „Irgendwie ja.“ Sie schaute in die Brusttasche des Toten, holte das Ding hervor, das er ihr vorhin hingehalten hatte. Vermutlich. Es war eine Dienstmarke, auf einer Brieftasche. In dieser Brieftasche fand sie einige Geldscheine, das Passbild eines kleinen Kindes und ein Kärtchen, welches seine Bedeutung in stolzen Schriftzeichen verkündete. „Und nun haben wir sogar eine Lizenz.“
Auch wenn bis jetzt noch ein falsches Bild und falsche Daten darauf waren.
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