cf: Dorf Mayumi
Endlich hatte er sie gefunden. Jene Hütte, der seid Jahren ihr Treffpunkt war. Und das war der Knackpunkt. Obwohl er sich schon so oft hier mit Emi getroffen hatte, musste er diese verdammte Hütte jedes Mal aufs Neue suchen. Immer wieder bog er bei der falschen Waldlichtung nach Rechts ab und ging an den falschen drei grossen Baumstämmen vorbei, in die er eigentlich extra ein Zeichen eingeritzt hatte. Wieso achtete er nie darauf?
Vermutlich, weil er jedes Mal tief in Gedanken war, wenn er diese Hütte aufsuchte, genau so wie jetzt. In der Nachricht, die Emi ihm zukommen lassen hatte, stand nichts genaueres, warum sie ihn hatte treffen wollen, aber das war nichts Neues. Sie trafen sich grundsätzlich mindestens einmal pro halbes Jahr. Immerhin waren sie Adoptivgeschwister. Nein, für ihm war Emi wie eine richtige Schwester geworden, es war ihm egal ob in ihren Adern dasselbe Blut fliesst oder nicht, das spielte absolut keine Rolle. Emi war seine Schwester und auch wenn er die Eltern nie wirklich als solche hatte akzeptieren können, so war es ihm zumindest bei seiner Schwester umso mehr gelungen.
Sie war im Grunde alles, was ihm von Konoha gelieben war, von seiner alten Heimat.
Gelangweilt sass er auf einem der morschen Stühle und betrachtete den Tisch. Dutzende Kerben befanden sich in der Oberfläche, nicht wenige davon wurden mit Absicht da reingeritzt. Irgendwelche Formen oder Schriften konnte man entziffern. Besonders beliebt waren Liebesschwüre mit den dazugehörigen ersten Buchstaben der zwei Liebenden. Shuichi musste leicht Lächeln bei dem Gedanken. Dass sich Teenager hierher verirrten und mit Kunais in diesem Tisch hier rumritzten war irgendwie eine seltsame Vorstellung.
Nach dem er den Tisch zur Genüge betrachtet hatte, lehnte er sich wieder zurück. Ihm war langweilig. Er musste inzwischen schon mindestens drei Stunden hier warten, ob Emi wohl keine Zeit gefunden hatte? Tatsächlich hatten sie sich für gestern verabredet, aber da sie sich niemals sicher sein konnten, dass etwas dazwischen kommen würde, hatten sie abgemacht, dass sie am nächsten Tag noch einmal hierher kommen würden, ohne sich erneut zu verabreden. Er hatte sich also an die Regeln gehalten. Emi auch?
Gerade wollte er ein Buch aus seiner Tasche nehmen, als er Schritte hörte. Und die Stimme Emis. Mit einem Lächeln steckte er das Buch wieder zurück und stand auf. In diesem Moment flog die Tür auf und Emi stand in der Türangel.
"Emi!", sagte Shuichi erfreut, hatte bereits die Arme ausgebreitet, bereit, seine geliebte Schwester in die Arme zu schliessen, als er schräg hinter ihr eine weitere Person erblicken konnte.
Das Lächeln verflog und er legte die Stirn in leichte Falten. Und seine Überraschung ging über in Skepsis. Das war nicht nur irgendeine Person. Diese blonden Haare, diese markante Nase und diese blauen Augen. Das war sie. Das war Ringo.
Sehr gut, schoss es ihm durch den Kopf, und ich dachte, ich würde sie nie wiedersehen. Wär' besser so geblieben. "Und Ringo.", setzte er dann mit deutlich weniger Euphorie nach.
"Was ... Was tut ihr hier? Ich meine, ihr. Ihr zwei. Ihr zu zweit ...", wie sollte er Emi nun seinen falschen Namen nennen, ohne dass es aufällig klang. Immerhin konnte sie ihn nun schlecht Shuichi nennen, aber sie konnte auch nicht wissen, welchen Namen er Ringo genannt hatte.
Verdammter Mist!
"Keine Sorge, sie weiss es.", sagte Emi dann und schlang die Arme um seinen Oberkörper, um ihn zu begrüssen. Sie drückte ihn an sich und für einen Moment sah er perplex zu Ringo, bevor er dann seine Arme um seine Schwester schlang um die Umarmung zu erwidern.
Sie wusste es also. Wieso wusste sie es? Er sah zu Ringo, während er Emi umarmnte und schob seine Schwester dann nach einer angemessenen Zeit wieder von sich fort.
"Wie meinst du das, sie weiss es?", fragte er dann skeptisch, liess seinen Blick immer wieder zwischen den Beiden hin und her huschen.