"Ich werde sie ewig lieben und ehren. Ich will." Ansonsten war es still. Inazuma saß vor einem Foto, das auf dem Nachtschrank neben seinem Doppelbett stand. Abgebildet war er gemeinsam mit Kind und Frau, in glücklichen Zeiten. Er kniete vor den beiden, berührte mit dem Zeigefinger das Glas und wirkte irgendwie sanft und friedlich. In der letzten Zeit war einiges passiert, um bis zu diesem Punkt zu gelangen, an dem er wieder Zuhause war. Dort, wo sein Herz hingehörte. Sein Lächeln war, sehr zerbrechlich, auch zurückgekehrt. Die Mundwinkel zuckten nicht mehr so apathisch, er war wieder in der Lage vorsichtig zu lächeln und auszudrücken, wenn ihm etwas gefiel. Und hier handelte es sich um das Gefühl von Heimat und Liebe, das sich in ihm ausbreitete. Er konnte jeden Tag an das Grab seiner Frau gehen, hatte seine Tochter ebenso behalten dürfen und die meisten Verwandten akzeptierten sein eigensinniges Verhalten in Bezug auf dieses Holzgestellt, das er mit sich herumtrug wie ein Schnuffeltuch. Von dem Trauma würde er sich nie ganz erholen, es hatte ihn gebrochen und war Teil seines Schattens, sodass er auch an Erika gebunden war wie an einen Fluch, der zugleich rettender Segen schien. Nun meinten die Auflagen es gut mit ihm. Er durfte bei seinen Eltern einziehen, damit es jemanden gab, der ihn rund um die Uhr außerhalb des Dienstes beobachten konnte und er Umgebung hatte, in der er sich halbwegs normal verhalten konnte. Seine Schwester lebte zwar alleine, doch wurde auch regelmäßig von ihm besucht, während sie ein entscheidenden Teil dazu beigetragen hatte, dass man therapierende Gespräche mit Inazuma absolviert hatte. Zu Anfang war es schwer und riskant gewesen, weil keiner wusste, wie er reagierte, aber mit der richtigen Methode mit ihm zu sprechen wie er es tat, waren Erfolge erzielt worden. Die Fragilität, die seinen Geist auszeichnete, konnte eingedämmt werden. Ängste wurden zwar nicht auskuriert, aber man schaffte es, dass Inazuma wieder in der Lage war sich auf etwas anderes zu konzentrieren als den einzigen Wunsch nach Gerechtigkeit. Es war möglich ihm Order zu erteilen und ihm Fragen zu stellen, auch wenn man nie sicher sein konnte, um man sinnvolle Antworten erhielt. Gleichfalls fiel es vor allem dem Vater noch schwer sich mit seinem Sohn zu arrangieren. Tenshin war bekannt für Anstand, Ordnung und Perfektion. Einen psychisch labilen Sohn zu haben, der betreut und überprüft werden musste, während man ihm wegen seiner Taten nie wieder den Rang eines Anbu geben konnte, passte nicht ins Bild der edlen Familie. Der 40-Jährige war mit dem Chûnin-Titel bekleidet worden, auch wenn er in seinen Fähigkeiten weit über diesem Rang stand. Aber egal, was Tenshin dachte, war Inazuma alles recht, solange der Kage es von ihm wollte und ihn wieder als Blatt dieses Baummeeres anerkannte. Er wollte nichts anderes als endlich in Frieden wieder in Konoha zu sein. Durch die Hilfe seines besten Freundes. Während die Minuten so verstrichen und er auf das Foto starrte, klopfte seine Mutter an seine Zimmertür und öffnete einen Augenblick später. Sie sah ihr Kind auf dem Boden sitzen und schwieg kurz bedrückt, aber beugte sich dann zu Inazuma. "Inazuma? Ich habe Botschaft erhalten. Du hast einen Auftrag." "Okâ-san." Er wendete den Blick nicht vom Bild, aber hörte Tomiko klar zu. Aber als er sie ansprach, wirkte es nicht wie eine Nachfrage, sondern eher wie eine Feststellung, dass sie es war, die gerade neben ihm war. "Du sollst dich vorbereiten und auf den Weg zum Haupttor machen. Es gibt eine Mission. Du hast vier Stunden Zeit." "Danke euch allen." Tomiko legte die Schriftrolle mit der Mission auf Inazumas Bett, beobachtete ihn noch kurz und seufzte dann, um wieder aus dem Zimmer zu gehen. Erst nach etlichen Minuten rührte Inazuma sich und richtete sich auf. Er trug auch keinen Verband mehr. Die Verletzung seines Arms war gut verheilt und er konnte diesen wieder gut wie schmerzfrei bewegen. Der Schwarzhaarige stand vor seinem Bett, griff das Schriftstück und widmete sich den Zeichen, die dort geschrieben waren. Die Informationen reflektierte er nicht, sondern speicherte sie einfach ab, sodass die Rolle nach einigen Augenbewegungen wieder geschlossen wurde. In aller Alltagsruhe bereitete er sich fast routinemäßig auf einen Auftrag für seinen Kagen vor. Ausrüstung wurde aufbereitet, Dinge versiegelt, alles verstaut und die alte Anbu-Kleidung angezogen, auch wenn diese nur aus einer Maske bestand. Ansonsten handelte es sich um einen schwarzen Kapuzenmantel. Auch wenn er nun ein Chûnin war, würde Inazuma immer noch wie der Anbu handeln, der er vor so vielen Jahren gewesen war. Dazu zählte auch sich vor den Gesichtern der Außenwelt zu verbergen.
tbc: Haupttor